Pilgerodendron uviferum (D.Don.) Florin 1930 Familie: Cupressaceae
Syn.: Libocedrus uvifera Pilg., Libocedrus tetragona Endl.
Erst im Jahre 1930 wurde die Art von der Gattung Libocedrus durch Florin abgetrennt und zu einer eigenständigen Gattung erhoben.
Die Gattung Pilgerodendron ist im Süden Südamerikas in Argentinien und Chile beheimatet und besteht aus nur einer Art. Sie gilt als südlichste Konifere der Welt, da sie von 40° s. Br. bis 55.° s. Br. in Feuerland verbreitet ist. Das entspricht etwa der Entfernung von der Küstenkordillere nördlich von Valdivia (El Fundo San Pablo Tregua = neueres nördliches Vorkommen) bis zur Magellan-Strasse. Der schlank pyramidal wachsende Baum wird in Argentinien „Ten“ und in Chile „Cipres de las Guaitecas“ oder „Lahuan“ genannt.
Der immergrüne Baum wird in Chile i. M. 25 m, maximal 40 m hoch und kann 1 m Durchmesser erreichen. In der Regel werden geradschaftige Stämme mit schmalkegelförmiger Krone gebildet. Ein auffallendes Merkmal sind die vierkantigen Zweige mit gleichartigen, gegenständigen, etwa 2 mm langen Blättern, die nur im Gipfelbereich des Zweiges etwas länger und einwärts gebogen sind. Schon nach dem Sämlingsstadium ist die vierkantige Form der Zweige erkennbar. Die grün-gelben Nadeln haben nur auf der Oberseite Stomata. Die Rinde ist braun bis graufarbig, weich und löst sich in langen Streifen ab. Die 8 bis 12 mm langen Zapfen bestehen aus 4 Zapfenschuppen, davon ist das untere Schuppenpaar kleiner, das obere fruchtbar und mit zwei Samenanlagen versehen. Alle Zapfenschuppen haben einen mittelständigen, einwärts gekrümmten Dornfortsatz. Die 3 bis 4 Samen je Zapfen sind dreiseitig und von blass-gelbbrauner Farbe. Das Samenkorn hat ein deutlich ungleiches Flügelpaar. Die Pflanze ist diözisch.
Die Art wächst in Chile in den hohen Gebirgslagen der Anden ebenso wie in den niederen Lagen entlang der pazifischen Küste. Während Pilgerodendron an der Waldgrenze in den Hoch-Anden nur noch strauchförmig vorkommt, kann sie in den niederen Lagen zu einem stattlichen Baum heranwachsen. Hier wächst Pilgerodendron immer in den regenreichsten Lagen mit bis über 4500 mm je Jahr, meist gemischt mit Fitzroya, Nothofagus u.a. Weiter südlich am Lago Argentino ist die Art mit Nothofagus betuloides, Notofagus pumilio, Drimys winteri u.a. gemischt. Das wesentlich größere Verbreitungsgebiet befindet sich auf der chilenischen Seite der Anden und reicht hier vom Anden-Hauptkamm bis zu den pazifischen Niederungen auf Meereshöhe. Auf der argentinischen Seite der Anden – aber immer noch im Einflussbereich der pazifischen Niederschlagsfronten – sind Mischwälder mit Pilgerodendron im National-Park Nahuel Huapi, in den Mooren am Lago Frias und besonders im National-Park Los Alerces an den Hängen zum Lago Menéndez anzutreffen. Die ehemals großen Wälder des chilenischen Längstales sind bis auf kleine Reste verschwunden.
Pilgerodendron uviferum Verbreitung (rote Markierung)
Oft wächst Pilgerodendron in Mischung mit Fitzroya cupressoides, Saxegothaea conspicua, Podocarpus nubigenus u.a., auf tief humosen, sehr guten Böden oder aber auf sauren Bruchmoorstandorten. In diesen Sumpf-Alercales wächst Pilgerodendron zusammen mit Fitzroya cupressoides, Podocarpus nubigenus, Saxegothaea conspicua u.a. Weitere Begleitbaumarten von Pilgerodendron sind Azara microphylla, Embothrium coccineum, Fuchsia magellanica, Desfontainea spinosa, Lomatia hirsuta, Drimys winteri, Nothofagus dombeyi, Pernettya poeppigii u.a. Am Rande von Hochmooren tritt die Art in nahezu reinen Beständen auf. Hier kann die Art auch auf sogenannten Bulten in stagnierendem Wasser dauernd wachsen Die Bodenvegetation besteht hier aus Sphagnum, Empetrum, Gaultheria, Pernettya u.a. Aufgrund der großen Nord-Süd-Verbreitung der Art ist die Anzahl und die Art der Mischbaum- und Straucharten sowie der Bodenvegetation sehr unterschiedlich. Sie ist beispielsweise in den südlichen, niederen, meeresnahen Verbreitungsgebieten von Chiloe, Aysen und Magellanes artenreicher als in den hochandinen Standorten.
Untersuchungen über das Saatgut von Pilgerodendron von der Cordillera Pelada ergaben nach 60 Tagen ein maximales Keimprozent von 73. Ein Kilogramm Saatgut enthielt nach diesen Angaben 500000 Samen.
Das Wachstum von Pilgerodendron ist ausgesprochen langsam. Es ist sogar der ebenfalls langsam wachsenden Fitzroya unterlegen. Die Art ist lichtbedürftig und relativ feuerresistent. Das leichte, gut zu bearbeitende Holz der Art führte dazu, dass die Bestände entlang der Carretera Austral südlich von Puerto Montt raubbauartig abgeholzt wurden. Es ist zu befürchten, dass eine natürliche Verjüngung von Pilgerodendron auf den Kahlhieben ausbleibt und es zur selben Arterhaltensproblematik wie bei der Fitzroya kommen wird. Nach IUCN – International Union for Conservation of Nature and Natural Resources – ist Pilgerodendron in die Schutzkategorie 5 –vulnerable- eingestuft worden.
Bezüglich einer Anbaueignung sollten die Gegebenheiten des heimatlichen Standortes bedacht werden. Das ausgeglichene, pazifische Klima, die außerordentlich hohen Niederschläge und die milden Wintertemperaturen können der Art in Mitteleuropa nicht geboten werden. Um den Ansprüchen der Art näher zu kommen sollte ein geschützter Pflanzstandort an einem Bergbach in Hanglage, an einem Fließgewässer oder mindestens direkt an einer Wasserfläche gefunden werden. Nach Hardiness Zone of Europe and North America wird Pilgerodendron in die Winterhärtezone 8 eingeordnet. Im Arboretum Freiburg-Günterstal wächst Pilgerodendron zusammen mit Fitzroya seit 1993 an einem kleinen Bachlauf im Bergwald unter dem seitlichen Schutz von älteren Bäumen. Während die Fitzroya in den ersten Jahren nach der Pflanzung einen Winterschutz von Reisigästen erhielt, musste Pilgerodendron von Anfang an ohne Schutz gegen Frost auskommen. An beiden Baumarten wurden bisher keine Winterschäden festgestellt, allerdings waren die Wintertemperaturen mit maximal minus 15 °C für den Fortbestand der Freipflanzung nicht gefährlich. Trotzdem wird eine Abdeckung des Wurzelraumes im Winter mit Reisig oder Rindenmulch empfohlen. Eine Fruktifikation an den etwa 15jährigen Pflanzen hat sowohl bei Pilgerodendron als auch bei Fitzroya im Arboretum stattgefunden. Gegen Wildschaden wurden beide Arten mit sogenannten Drahthosen geschützt. Eine konkrete Bezugsmöglichkeit für Pilgerodendronpflanzen kann nicht genannt werden. Gelegentlich werden Pflanzen in England oder Holland angeboten oder das Internet muss bemüht werden. In England und Schottland sind Pilgerodendron und Fitzroya in Botanischen Gärten und Arboreta gelegentlich zu sehen.
 Pilgerodendron uviferum Rindenbild Foto:© Carlos Le-Quesne
|